Der ASV Lorch e.V. bat am 2. November 2024 die Aikidoka des Aikido-Verbands Baden-Württemberg (AVBW) zu einem Landeslehrgang. Anlass hierfür war ein ungewöhnliches Jubiläum der beiden Vereinstrainer Dres. Thomas und Barbara Oettinger (beide 7. Dan), nämlich ein 40-jähriger gemeinsamer Aikido-Weg. Dieser Lehrgang fand in der stimmungsvollen Stadthalle der Stauferstadt Lorch statt.
Thomas, zwischenzeitlich Vorsitzender des ASV, begann Aikido 1980 genau in dieser Halle bei Hans Schmiedt, dem heute 93-jährigen Ehrenvorsitzenden des Vereins. Nach einem durch das Studium bedingten Wechsel zum VfL Ulm absolvierte Thomas 1984 als einer der ersten Aikidoka des DAB die damals frisch eingeführte Übungsleiterausbildung und machte sich anschließend daran, eine neue Aikido-Gruppe in Göppingen aufzubauen. Barbara unterstützte ihn damals als seine erste direkte Schülerin – und die Anstrengung hat sich für alle gelohnt!
Seitdem sind also 40 Jahre vergangen, die positive Spuren auch bei zahlreichen Schülerinnen und Schülern der beiden Meister hinterlassen haben. Gerade der ASV Lorch konnte sich in den letzten zwei Jahren wieder über fünf neue Träger*innen des 1. bzw. 2. Dans freuen, die sich nun ebenfalls in der Trainer-Ausbildung befinden oder sie schon abgeschlossen haben.
Aber Barbara und Thomas setzen sich nicht nur auf Vereinsebene seit Langem mit großem Engagement für Aikido ein, sondern wirken auch überregional ehrenamtlich beispielsweise als Präsidentin und Leiter der Geschäftsstelle sowie als Mitglieder der Technischen Kommission im DAB. Manche der Anwesenden kannten die beiden bisher nicht persönlich und freuten sich auf das Aikido dieser hochrangigen Meister, die bereits einige Male im Ursprungsland unserer Budokunst – Japan – waren.
Der Jubiläumslehrgang bot mit insgesamt 4,5 Stunden Trainingszeit die Möglichkeit, unterschiedliche Schwerpunkte herauszuarbeiten. Hierbei gab es sowohl für die „Zitrus-Ecke“ (wie in einem teilnehmenden Verein die Aikidoka mit Gelb- und Orange- bzw. der Limonen wegen gleichfalls Grüngurt bezeichnet werden) als auch für die Danträger*innen interessante Formen zum Üben.
Barbara wählte hierfür nach einem kurzweiligen Aufwärmen mit dem Stab und herausfordernden Sabaki-Übungen den einfach erscheinenden Angriff Katate-tori Ai-hanmi. Unter Ausnutzung des Schwungs von Uke und einer exakt passenden – „anmodellierten“ – Führung der fassenden Hand gelangt Nage in Ukes Rücken und kann von dort Ushiro-kiri-otoshi ausführen. Wenn sich dabei Uke aber nicht wie erwartet bewegt, ergibt sich die Möglichkeit bzw. Notwendigkeit für eine Folgetechnik (Renzoku-waza). Bei den analogen Ausführungen mit einem Stab (Jo) bedeutet der größere Abstand eine weitere Steigerung der Schwierigkeit. Für die Danträger*innen gab es auch Hanmi-hantachi, wobei Barbaras präzise Anleitung bei dem einen oder der anderen für ein Mini-Satori (einen kleinen Erleuchtungsmoment) sorgte. Dies setzte sich fort, als alle, die erste Trainingshälfte abrundend, Kokyu-ho aus Zaho übten.
Thomas betonte und demonstrierte dann auf unterschiedliche Weise, dass die Führung Ukes konsequent vor dem Zentrum erfolgen sollte. Dadurch macht der Körper alle wesentlichen Bewegungen mit und überlässt sie nicht nur den Armen. Beispielhaft war hierfür der Angriff Ushiro-ryote-tori: Nage kann entscheiden, ob er mit Ukes erster Hand arbeiten möchte oder ob er die Führung auf die zweite fassende Hand überträgt. Letzteres erfordert eine fließende Umlenkung von Ukes Bewegungsenergie und eine korrekte Positionierung von Nages Zentrum, was durch einleitende Sabaki-Partnerübungen vorbereitet wurde.
Ein weiterer Schwerpunkt des Lehrgangs waren Sabaki-, Stoß- und Schlagformen mit dem Stab, die in die Trainingseinheiten immer wieder eingebaut wurden. Diese endeten schließlich in einer kurzen Stab-Kata, welche gemeinsam synchron, aber auch paarweise gegeneinander ausgeführt werden konnte.
Die Zeit verging wie im Fluge, so voller Freude trainierte die große Bandbreite der anwesenden Gürtelgrade in der außergewöhnlichen Atmosphäre der schönen alten Halle miteinander und genoss es offensichtlich, vom technischen sowie didaktischen Können der beiden Jubilare zu profitieren, wenn es um das Erkennen des richtigen Moments, die unterschiedliche Distanz von Ma-ai im Kniestand, waffenlos und mit Stab oder weitere Prinzipien und Elemente des Aikido ging.
Zwischen den Trainingseinheiten wurde mit Pizza, Kaffee und Kuchen für die leibliche Stärkung der teilweise weit angereisten Gäste gesorgt, wofür den Aikidoka des ASV Lorch ein herzlicher Dank galt. Zum Abschluss des harmonischen Trainings, welches den Teilnehmenden sicher noch lange in Erinnerung bleiben wird, erhielten die beiden Aikido-Meister Barbara und Thomas Oettinger in Anerkennung ihrer jahrzehntelangen Tätigkeit zum Wohle dieser Kampfkunst im ASV und darüber hinaus unter viel Applaus einen Blumenstrauß und ein Geschenk aus den Händen der Abteilungsleiterin Claudia Emunds-Roß.
Dr. Vera Oettinger,
ASV Lorch e.V.